Vor kurzem war ich in der wunderschönen Jugendherberge in Richterswil direkt am Zürichsee. Da durfte ich mich mit dem Koch, der gleichzeitig auch Betriebsleiter ist, Daniel Walser unterhalten. Die spannenden Erkenntnisse und seine Erfahrung von 30 Jahren Koch in verschiedenen Küchen gaben mir ein Einblick hinter die Kulissen. Wie alles funktioniert, wenn jemand kommt der Zöliakie hat. Das dies gar nicht so schlimm sei und wieso Allergien so viel schlimmer sind verrät er im Interview.
Wusstest du, übrigens das in jeder Jugendherberge in der Schweiz das Angebot besteht, glutenfrei zu essen? Vor allem in den grösseren Gaststätten ist dies absolut kein Problem.
So aber jetzt zu den Fragen.
Silvan: Wie gross ist die Nachfrage an glutenfreien Produkten, bzw. wie viele Zöliakie-Betroffene bekochst du?
Daniel: Einer pro Woche in etwa. Das ist aber schwer zu sagen, es wird so bei ca. 1-2% der Besucher sein. Bei Laktoseintoleranz sieht das doch etwas anders aus. Da ist man schon bei ca. 5-10%.
Was gibt es bei euch für glutenfreie Produkte oder Essen?
Hier in Richterswil haben wir ja zusätzlich zur Jugendherberge noch ein Restaurant, daher ist unsere Küche sehr gross im Verhältnis zu anderen Jugendherbergen. Wir können alles frisch kochen und nehmen vornehmend regionale und saisonale Produkte. Bei uns wird alles von Grund auf frisch gemacht. Wir wissen also genau was in den Salatsaucen und co. ist. Daher ist vieles sowieso glutenfrei.
Beim Frühstück haben wir die Brötchen von Huttwiler, diese werden direkt mit der backfesten Folie in den Ofen gelegt, damit es zu keiner Kontamination kommt.
Auch weitere Ersatzprodukte wie Pasta etc. kommen von Huttwiler. Für gewisse Mahlzeiten haben wir auch andere Produkte, welche wir selbst einkaufen. Z.B. Mehl von Schär für Pizzateig.
Hat jede Jugendherberge das selbe Angebot oder ist das unterschiedlich?
Grundsätzlich kann jede Jugendherberge glutenfreie Produkte beziehen. Das ist nicht das Problem. Vor allem in den grösseren Jugi’s, welche ein eigenen Koch haben, der nur in der Küche ist, sollte das kein Problem sein. Bei kleineren Jugi’s bei denen der Betriebsleiter die Rezeption machet, kocht und auch noch wäscht ist das doch etwas schwerer.
Wie wird in der Küche auf die Kontamination geachtet? Da haben ja viele Zölaikie-Betroffene die grössten Ängste.
Wenn die Bestellung in die Küche kommt, geht man das Gericht einmal kurz durch und schaut ob da was Verbotenes drin ist. Wenn das Gericht glutenfrei ist, besteht ja keine Sorge. Wenn jedoch irgendwo Gluten mit drin ist, fragt man auf diesem Posten kurz nach, was es für eine alternative gibt. Dann schaut man zusammen was man glutenfrei machen kann und schon hat man ein glutenfreies Menü.
Aber wie sieht das mit der Kontamination bezüglich den Kochlöffel oder den Holzbrettern aus? Oder wenn jemand mit mehligen Händen über das glutenfreie Gericht kommt?
In einer sauberen Küche sollte das nicht passieren. Da muss man bei kleineren Küchen, welche die Erfahrung nicht haben und die nötige Ordnung, welche eine Küche braucht Sorgen haben. Aber das dürfte eigentlich nicht der Fall sein. Beim kochen schaut man automatisch, das nichts da hinkommt wo es nicht hinsollte.
Holz ist in den Schweizer Küchen sowieso verboten. Die Schneidebretter sind aus Kunststoff und für jedes Produkt muss ein anders Brett und ein anders Messer verwendet werden. Das wird so vorgeschrieben. Auch die Kochlöffel dürfen nicht aus Holz sein. Daher ist eine solche Kontamination gar nicht möglich. Die Bretter haben jeweils eine Farbe und auf rot wird zum Beispiel nur Fleisch geschnitten.
Worin besteht die grösste Schwierigkeit glutenfrei zu kochen?
Das wird sein, wenn man nicht frisch kocht und jedes Mal auf der Packung nachschauen muss, was drin ist. Ansonsten weiss ein ausgebildeter Koch was Zöliakie ist und was da nicht im Gericht sein darf.
Ein weiteres Problem ist, das in Schweizer Küchen nicht mehr so viele gut ausgebildete Köche arbeiten. Oft werden diese durch Hilfskräfte, auch aus dem Ausland verstärkt. Diese haben meistens das Fachwissen nicht und daher auch keine Ahnung was Zöliakie ist und was man da beachten muss. Da besteht durchaus ein Risiko. Jedoch sollte da der Chef in der Küche zumindest Bescheid wissen und schauen das alles in Ordnung ist.
Ein weiteres Problem ist natürlich, wenn die Bestellung nicht klar abgegeben wird oder es auf dem Weg in die Küche verloren geht. Sprich das Servicepersonal die klare Botschaft nicht weiter gibt.
Daher immer klar aufmerksam machen man MUSS glutenfrei essen. Das braucht etwas Mut, aber sage es direkt bei der Bestellung. Wenn es irgendwo zwischen durch noch so nebenbei bemerkt wird ist es unglaublich schwer und man weiss nie so genau für wen jetzt was, wie zubereitet werden soll.
Wie sieht es eigentlich aus bei Allergiene oder Mehrfachallergien. Wenn man nicht „nur“ Zöliakie hat?
Das ist dann schon etwas heikler. Die Zöliakie an sich ist nicht das Problem. Klar, muss man da auch genau aufpassen. Wenn jedoch etwas mal in die Hosen gehen sollte, muss der Gast nicht direkt ins Spital eingeliefert werden. Bei einer Allergie ist das ganz anders. Hier geht es zum Teil wirklich im Leben und Tod. Da wird auch in der Küche sehr genau aufgepasst.
Ich hatte einmal einen Vorfall bei dem der Gast ins Krankenhaus musste und das war nicht lustig. Das war ein Kommunikationsproblem. Daher bitte auch immer klar sagen dass man etwas wirklich nicht verträgt.
In der Küche gibt es nichts Mühsameres, als wenn jemand etwas bestellt und dann meint: Ja ein bisschen geht schon. Dann hat man keine Allergie. Ein Koch weiss genau was es heisst, wenn jemand eine Allergie hat oder auch Zöliakie. Da wird extrem aufgepasst, man hat einen Mehraufwand und dann kommt raus, so schlimm sei es doch nicht. Dann besteht die Gefahr beim nächsten Gast. Der Koch denkt sich plötzlich, ach beim letzten war’s ja auch nicht so schlimm, diesmal muss ich ja auch nicht so stark drauf achten.
Daher, entweder man hat eine Allergie und kommuniziert dies klar oder man hat keine und dann geht es auch nicht um Leben oder Tod. Viele kommen und sagen ja der Arzt sagte, man solle mal eine Zeit auf Milchprodukte verzichten, aber ein bisschen geht ja schon. Das ist einfach nicht konsequent und deshalb auch nervig in der Küche.
Wow, das ist eine tolle Botschaft an die Betroffenen, ich denke viele getrauen sich nicht dies zu sagen und wollen kein Mehraufwand generieren. Deshalb sagen sie dann es wäre schon in Ordnung. Dabei ertappe ich mich selbst leider auch noch ab und zu.
Das kann gut sein, aber man soll wirklich klar sagen was man darf und was nicht. Dann ist es auch in der Küche einfacher. Der Koch weiss sofort auf was er achten muss.
Sehr hilfreich ist auch ein Zettel, wo draufsteht welche Unverträglichkeiten man hat oder was man nicht verträgt. (Bitte an den Koch) Gerade bei Kreuzallergien oder Mehrfachallergiene ist das hilfreich. So weiss man in der Küche auch, der meint es ernst und kann so ein allergiefreundliches Gericht kochen. Ohne Probleme. Vor es aus der Küche geht, wird es noch einmal gecheckt, ob da wirklich nichts Verbotenes drauf ist.
Wird das Personal bei den Jugendherbergen eigentlich geschult, gerade auf solche Thematiken?
Ja, vor drei oder vier Jahren gab es mal einen grossen Workshop zusammen mit dem Allergiezentrum Schweiz (AHA). Da wurde auf genau diese Thematiken eingegangen und auch mit praktischen Beispielen in der Küche gearbeitet.
Wie kann man auf das doch gute Angebot der Jugendherbergen profitieren?
Man muss es einfach bei der Reservation anmelden. Dann werden die nötigen Produkte direkt bestellt und man kann problemlos essen. Auch wenn es kurzfristig ist, innerhalb von einem Tag kriegt man sein glutenfreies Brötchen. Beim Mittagessen und Abendessen wird je nach dem einfach eine andere Beilage gekocht. Das ist kein Problem.
Wichtig da ist einfach unbedingt nachfragen. Gib bescheid, wenn du dein Essen holst. Das glutenfreie Brötchen oder die Beilagen sind meist nicht auf dem Buffet, da sonst alle andere, nur nicht die Betroffenen davon essen. Auch das keine Kontamination entstehen kann. Es ist nichts blöder, wenn das Brötchen schon aufgebacken auf seinen Abnehmer wartet, dieser aber nichts sagt. Der in der Küche weiss nicht wer von den vielen Gästen das glutenfreie Brötchen kriegt.
Das war ja mal richtig viel und gutes Wissen. Vielen herzlichen Dank, Daniel für das tolle Gespräch.
Für mich gab es danach noch ein Probeessen, natürlich alles glutenfrei.
So sah das ganze aus. Typisch für die Jugendherberge. Man nimmt ein Tablett und dann gibt es das Menü, welches an diesem Abend gibt. Heute war es Reis mit Spiesschen und dazu eine super leckere, hausgemachte und natürlich glutenfreie Sauce. Der Broccoli, war leider schon weg bis ich zum essen kam. Dazu ein kleiner Salat mit dem Fitnessbrötchen von Huttwiler. Zum Dessert gab es frischen Melonensalat.

Das war wirklich richtig lecker.
Also wenn du mal eine Unterkunft suchst, welche preiswert und glutenfrei ist. Die Jugendherbergen in der Schweiz sind eine gute Adresse!
Ich habe noch die tolle Lage direkt am See genossen und dann ging’s für mich wieder zurück nach Hause.


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